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UNBEKANNTE SCHÖNHEIT, ZERSTÖRTE VIELFALT

An der Schnittstelle zwischen Süd- und Zentralasien liegt ein Land, das mit wunderschönen Gebirgsregionen, wüstenartigen Tälern und himmelblauen Seen aufwartet. Ein Land, das reich war an musikalischen, literarischen und künstlerischen Traditionen. Leider ist es auch ein Land, das kaum zur Ruhe kommt. Afghanistan blickt auf eine lange und turbulente Geschichte zurück.
Uns ist Afghanistan vor allem auf Grund der Resolution 1385 des UN-Sicherheitsrats, der Präsenz der Nato und der International Security Assistance Force, kurz ISAF, bekannt. Weniger verklausuliert sprechen wir inzwischen von kriegerischen Auseinandersetzungen, an denen sich die Bundeswehr seit Dezember 2001 beteiligt. Kontroverse Diskussionen über den Sinn des weit über 10 Jahre währenden Kampfeinsatzes beherrschen die Schlagzeilen in Deutschland. Selbstmordanschläge, Drogenschmuggel, Frauen in Burkas, die weder lesen noch schreiben können, bestimmen unser Bild von Afghanistan. Ein Klischee?

Afghanen in Deutschland?

Wir wissen nicht viel über das Land am Hindukusch. Dass es auch hier eine wissbegierige und engagierte Jugend gibt, die an die Universitäten des Landes strömt und sich aktiv am Aufbau des Landes beteiligt, erfährt man meist nur am Rande.
Noch weniger ist über das Leben von Afghanen in Deutschland bekannt. Nach Angaben des Auswärtigen Amts leben etwa 90.000 Menschen mit afghanischen Wurzeln in der Bundesrepublik. Allein 30.000 von ihnen haben in Hamburg ein neues Zuhause gefunden. Ursprünglich waren es afghanische Teppichhändler, die im Hamburger Hafen Kontore zur Lagerung ihrer Ware eröffneten. Heute ist die größte afghanische Exilgemeinschaft Europas hier verortet. Es gibt afghanische Restaurants und Geschäfte, eine afghanische Bank und sogar einen afghanischen Fußballverein – den ASV Hamburg – der in der Bezirksliga spielt.
Nicht zu vergessen ist aber auch, dass viele Afghanen nicht erst seit Beginn der ISAF-Mission im Jahr 2001 nach Deutschland fliehen. Kriegerische Auseinandersetzungen bestimmen schon seit der russischen Invasion im Jahr 1979 das alltägliche Geschehen im Land. Die Machtergreifung der extrem-islamistischen Taliban im Jahr 1996 löste weitere Flüchtlingswellen aus. Und auch gegenwärtig reißt der Strom von Flüchtlingen, die in Deutschland nach einem sicheren und besseren Leben suchen, nicht ab. Allein im Jahr 2012 wurden rund 7500 Asylanträge allein von Afghanen gestellt. Vor allem jene Afghanen, die für die deutschen Einsatzkräfte, etwa als Übersetzer oder Fahrer, arbeiten, befürchten Racheakte der Taliban nach Abzug der deutschen Truppen. Nach den Vorwürfen, die Bundeswehr ließe ihre Hilfskräfte einfach im Stich, will Deutschland nun mehr gefährdete Afghanen aufnehmen, als ursprünglich geplant.

Bildung als Chance

Aber auch in Afghanistan selbst will sich Deutschland weiterhin engagieren. Dass der Wissensdurst der Jugend Afghanistans eine wichtige Ressource für den Wiederaufbau des Landes darstellt, haben deutsche Institutionen erkannt. Mit Mitteln des Auswärtigen Amtes vergibt der Deutsche Akademische Austauschdienst Promotions- und Masterstipendien, bietet Fortbildungen an und hat ein umfangreiches Sachspendenprogramm für Lehre und Studium initiiert. Zudem eröffnen Auslandsstipendien vielen Afghanen die Möglichkeit, in Deutschland zu studieren. An der Technischen Universität in Berlin werden beispielsweise im Masterstudiengang Computer Science afghanische Informatik-Dozenten ausgebildet. Und an der Willy Brandt School in Erfurt ermöglicht der Studiengang „Public Policy“ auch Afghanen, sich auf Führungspositionen im öffentlichen Sektor, in NGOs oder der Politik vorzubereiten.

Deutschland in Afghanistan

Anfang Februar 2014 hat das Kabinett die Verlängerung des Mandats für die deutschen Streitkräfte beschlossen. Deutschland will sich nach dem Auslaufen seines Mandats mit bis zu 800 Soldaten weiterhin im Land engagieren. Die Ausbildung und Beratung der afghanischen Armee und Polizei soll im Mittelpunkt des Folgeeinsatzes stehen.
Das zivile Aufbauprogramm soll aufgestockt werden.

Autorin: Julia Mittwoch
Redaktion: Hanne Kehrwald

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